Bürgerhäuser / Stadttor / Rathaus
Stadttor
Der zweigeschossige Torturm wurde im Jahre 1526 neu erbaut. Seine Zinnenbekrönung erhielt er Ende des 17. Jahrhunderts. Um den Erfordernissen des modernen Verkehrs Rechnung zu tragen, wurde der Torbogen im Jahre 1967 erweitert. Bei der aus diesem Anlass durchgeführten Restaurierung des Turms malte der akademische Restaurator Ludwig Peyscha wieder die 1693 für das Obere Stadttor bezeugten Wappen (Kaiser, Stadt Weitra, Fürstenberg) und den alten Spruch "Gott bewahr die Stadt" an die Ostwand des Turms. Der Platz vor dem Stadttor wurde erst in den siebziger Jahren an Stelle des alten Stadtgrabens angeschüttet. Die Barockstatue des hl. Johann von Nepomuk verfertigte 1724 Friedrich Wilhelm Stillen aus Wien.
Dreifaltigkeitssäule
Die Dreifaltigkeitssäule (2) wurde 1747/48 von Johann Walser aus Budweis errichtet. Außer der Immaculata trägt sie Statuen der Heiligen Sebastian, Florian und Rochus. Eine Dreifaltigkeitsdarstellung krönt die schöne Barocksäule. Das gelungen restaurierte Haus Kirchengasse 93 besitzt einen auf zwei Kragsteinen ruhenden Flacherker.
Sgraffitohaus (Rathausplatz 4)
Besondere Aufmerksamkeit verdient das prachtvolle Sgraffitohaus (Rathausplatz 4) aus der Renaissancezeit.
Den Schwerpunkt der Darstellungen bilden Szenen aus der sagenhaften römischen Frühgeschichte in der Form, wie sie uns Titus Livius (59 v. Chr. bis 17 n. Chr.) überliefert hat. Den Darstellungen am zweiten Stock sind je zwei Inschriften (oberhalb und unterhalb), am ersten je eine Inschrift (unterhalb) zugeordnet.
Links oben sehen wir Horatius Cocles, der allein die Tiberbrücke gegen die angreifenden Etrusker verteidigt. Währenddessen brechen die Römer die Brücke ab, um so den Feinden den Weg versperren zu können. Die zweite Darstellung zeigt uns den tapferen Marcus Curtius, der bewaffnet zu Ross in den tiefen Spalt hineinspringt. Dieser hat sich auf dem römischen Forum aufgetan und soll sich einem Orakel gemäß - erst nach dem Opfer von Roms höchstem Gut wieder schließen. Das dritte Bild zeigt uns die Ermordung des römischen Königs Tarquinius Priscus. Dieser war durch Usurpation auf den Königsthron gekommen. Zwei gedungene Hirten haben zum Schein einen Streit begonnen, um vor das Schiedsgericht des Königs zu kommen; bei dieser Gelegenheit ermorden sie ihn. Die rechtsseitigen Darstellungen beider Stockwerke wurden leider in späterer Zeit durch das Ausbrechen von je einem Fenster zerstört.
Am ersten Stockwerk sehen wir links den Tod des Königs Hieronymus von Syrakus, der während des Zweiten Punischen Krieges (218-201 v. Chr.) von Rom abgefallen ist und nun Opfer einer Militärverschwörung wird. Daneben ist die Geschichte vom verräterischen Schulmeister von Falerii abgebildet. Diese Stadt wird von den Römern belagert. Dem Schulmeister ist die List gelungen, die Söhne der Bürger von Falerii in. das feindliche Lager zu schaffen, um sie als Geiseln zu übergeben. Die Römer haben dieses schmachvolle Angebot abgelehnt - die Schüler treiben den Schulmeister mit Rutenhieben nach Falerii zurück. Das nächste Bild zeigt uns Lucius Verginius, der seine Tochter ermordet, um sie vor den Nachstellungen des Appius Claudius zu bewahren. Die unterste Bilderreihe zeigt uns den Mann in seinen Lebensjahrzehnten (10 bis 100 Jahre) und vergleicht ihn in jeder Phase mit einem Tier: 10 Jahre - Ziegenbock, 20 Jahre - Kalb, 30 Jahre - Ochs, 40 Jahre - Löwe, 50 Jahre - Fuchs, 60 Jahre - Wolf, 70 Jahre Hund, 80 Jahre - Katze, 90 Jahre - Esel, 100 Jahre - Gans.
Den Livius-Darstellungen des Sgraffitohauses in Weitra liegen Illustrationen des Zeichners Johann Bocksberger d. J. und des Formschneiders Jost Amman zugrunde, die ursprünglich eine lateinische und deutsche Ausgabe des Livius zierten, jedoch schon 1573 separat als Bilderbuch herauskamen. Diese Jahreszahl ist der terminus post quem für die Sgraffitidekorationen in Weitra. Dementsprechend ist die am Haus zu lesende Jahreszahl 1540 zu korrigieren. Die genannten Illustrationen Bocksbergers und Ammans bildeten öfters die Unterlagen für Sgraffiti, Malereien und Stuckaturen in Österreich, besonders aber im benachbarten Böhmen.
Rathaus
Das Rathaus wurde nach den Plänen des Kremser Architekten Josef Utz vom Weitraer Baumeister Ignaz Knapp 1892/93 gebaut.
Sehenswert ist der Rathaussaal, dessen Deckenfresko von Wolfram Köberl (1956) die Gründungssage der Stadt Weitra darstellt: Veit Ursini von Rosenberg übergibt jedem seiner fünf Söhne durch die Überreichung einer Rose eine der fünf von ihm gegründeten Städte: Gratzen, Wittingau, Neuhaus, Krumau (alle in Böhmen) und Weitra.
Zisterne am Rathausplatz
Im Mittelalter wurde dieses Wasserreservoir für die Stadt angelegt. Gespeist wird das frühgotische Gewölbe durch drei „Quellen“: vom Regenwasser, das von oben hereinsickert, vom Grundwasser, das sich trotz felsiger Höhe einstellt, und vom Überlauf eines Brunnens im Gasthaus schräg oberhalb der Zisterne.
PDF-Download: Rundgang durch die Stadt bis zur Pfarrkirche